Sicherheit ist niemals vollständig delegierbar!
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Wer ist verantwortlich?
Die Aufträge an externe Dienstleister bei der Instandhaltung elektrischer Anlagen umfassen Prüfungen von Betriebsmitteln, Reparaturarbeiten an bestehenden Anlagen oder die Umsetzung neuer Projekte. Im Allgemeinen handelt es sich hierbei zum größten Teil um sogenannte Werkverträge, in welchen der Dienstleister das Werk schuldet. Die Auftraggeber sind in persona Geschäftsführer, Abteilungsleiter oder andere verantwortliche Personen. Im Schadensfall stellt sich schnell die Frage nach der Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Ausführung des Werks.
Aus rechtlicher Sicht ist in erster Linie der Geschäftsführer einer Gesellschaft im Rahmen seiner Betreiberverantwortung für den Zustand seiner elektrischen Anlagen voll und ganz verantwortlich. Dieser Verantwortung kann er sich teilweise, aber niemals komplett entziehen. Der genannte Sachverhalt wird innerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) näher beschrieben.
BGB i.d.F. vom 02.01.2002
§ 823 Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben […] eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz […] verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
§ 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person […] die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Somit muss der Geschäftsführer entweder persönlich oder durch geeignete Personalauswahl den sicheren Zustand seiner elektrischen Anlagen gemäß § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) gewährleisten. Oftmals ist bereits hier die Beurteilung durch den Geschäftsführer aufgrund mangelnder Ausbildung und Erfahrung schwierig. Außerdem sind die Organisationsstruktur innerhalb des Unternehmens und somit die Verantwortlichkeiten nicht eindeutig geregelt. Gemäß der Norm DIN VDE 1000-10:2009-01 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ ist ein elektrotechnischer Betrieb oder Betriebsteil entweder durch den Geschäftsführer selbst als verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) oder aber durch eine vom Geschäftsführer ordentlich bestellte verantwortliche Elektrofachkraft fachlich verantwortlich zu leiten.
Anforderungen aus der Norm DIN VDE 1000-10:2009-01
Gestützt auf § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik zwingend einzuhalten, um im Schadensfall eine Beweislastumkehr sicherstellen zu können. Somit sind auch die Anforderungen der VDE 1000-10 in Bezug auf die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen umzusetzen. Es ist sicherzustellen, dass alle Personen, die Tätigkeiten innerhalb der Elektrotechnik, insbesondere das Errichten, Prüfen und Betreiben elektrischer Anlagen durchführen, die aufgeführten Mindestanforderungen erfüllen. Dies gilt folglich ebenso für Personen, welche als externe Dienstleister vom Geschäftsführer oder der benannten verantwortlichen Elektrofachkraft gemäß VDE 1000-10:2009-01 Abschnitt 3.1 beauftragt worden sind.
VDE 1000-10:2009-01
5 Anforderungen
5.1 Die Tätigkeiten nach Abschnitt 1 dürfen grundsätzlich nur von Elektrofachkräften nach 3.1 oder 3.2 selbstständig […] durchgeführt werden […].
Im Umkehrschluss muss der Geschäftsführer im Schadensfall zweifelsfrei nachweisen, dass alles Erforderliche zur Sicherheit der elektrischen Anlage getan wurde. Daher muss er zwangsläufig imstande sein, die notwendige Personalauswahl treffen und die Qualität der durchgeführten Arbeiten beurteilen zu können. Im Falle einer Fehlfunktion zu reklamieren, wird nicht ausreichen.
Beurteilung der Befähigung
Als Folge der Verpflichtung zum Aufbau einer Organisationsstruktur innerhalb des Unternehmens sind die verantwortlichen Besteller einer externen Dienstleistung zur Einhaltung der Mindestvoraussetzungen verpflichtet.
Die an einer elektrischen Anlage arbeitenden Elektrofachkräfte müssen über eine fundierte elektrotechnische Ausbildung, Erfahrungen in dem jeweiligen Bereich und über Kenntnisse des Anlagenbereichs verfügen, in dem sie zum Einsatz kommen.
Es ist also wenig zielführend, Dienstleistungen aus rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auszuwählen. Die bei einer solchen Auswahl zum Einsatz kommenden Mitarbeiter gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch den Zustand der Anlage durch die unter Umständen mangelhaften Kenntnisse.
VDE 1000-10:2009-01
3.2 Elektrofachkraft
Person, die aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Normen die ihr übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.
4.2 Personal
Wo es keine nationalen Forderungen für die fachliche Qualifikation gibt, sind dafür folgende Beurteilungskriterien anzuwenden:
[…]
- Kenntnis der Anlage, an der zu arbeiten ist, sowie praktische Erfahrung mit der vorgesehenen Arbeit
[…]
Berücksichtigt man diese Forderungen und die Tatsache, dass der Unternehmer die Aufsichtsverantwortung (§ 130 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes), die Auswahl, die Bestell- und Überwachungsverantwortung des Unternehmens behält, ist eine sorgfältige Überprüfung der Fachkenntnisse ebenso wie die anschließende Dokumentation der Ergebnisse und die schriftliche Bestellung unumgänglich.
Abnahme und Inbetriebnahme
Wird eine Instandhaltungsmaßnahme extern beauftragt, so kann auch die Leitungsverantwortung dieser Maßnahme weitergegeben werden. Einer ordentlichen Abnahme kann sich der Unternehmer jedoch nicht entziehen, da er die Betreiberverantwortung und somit die Verantwortung für die Bereitstellung sicherer Betriebsmittel für seine Mitarbeiter hat. Dieser sichere Zustand ist nach jeder Instandsetzung erneut nachzuweisen.
DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“
§ 5 Prüfungen
(1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden
1. vor der ersten Inbetriebnahme und nach einer Änderung oder Instandsetzung vor der Wiederinbetriebnahme durch eine Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft […]
Die verantwortliche Elektrofachkraft ist also in jedem Fall für die Sicherheit der Anlage nach der Instandhaltungsmaßnahme verantwortlich und somit verpflichtet, eine Begutachtung der Anlage vorzunehmen. Es ist ratsam, die Instandhaltungsmaßnahmen sowie die abschließende Prüfung in einem Protokoll festzuhalten.
Kommentare
Kommentar von Steffen |
Heißt das, dass jeder gewöhnliche Bürobetrieb, jeder Laden etc. eine VEFK haben muss, nur weil er in seinen Räumen ein paar Steckdosen nachrüsten oder EDV-Technik installieren lässt?
Das wäre ja wirtschaftlich völlig unsinnig.
Darf der Betreiber dazu eine externe EFK hinzuziehen?
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