Wenn Übereifer zur Gefahr wird
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- Azubis unter Strom – Unfallberichte
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Jeder Arbeitgeber wünscht sich motivierte und engagierte Mitarbeiter. Auch deinen Chef oder Ausbilder wird es bestimmt freuen, wenn du an deiner Ausbildung interessiert bist und selbstständig bemerkst, was im Betrieb zu erledigen ist. Aber egal wie motiviert du bist, du musst jederzeit deine Grenzen beachten und darfst dir nicht einfach selbst eine neue Aufgabe suchen. Wie wichtig diese Regel ist, musste ein Auszubildender schmerzhaft am eigenen Körper erfahren.
Was ist passiert?
Körperdurchströmung nach eigenständigem Reparaturversuch
Der Stromunfall ereignete sich an einem Freitag. Mal wieder hatte der Azubi die Aufgabe bekommen, die Werkstatt aufzuräumen. Dies war schnell erledigt, weshalb er nach einer weiteren Aufgabe für sich suchte. Während des Aufräumens hatte er unter einer Werkbank eine Kiste voller Elektrowerkzeugen gesehen. Der Auszubildende beschloss, sich die Elektrogeräte genauer anzusehen.
Bei der Kiste handelte es sich um Geräte, die Kollegen aufgrund von Defekten aussortiert hatten und die nun in dieser Kiste gesammelt wurden. Der Azubi hoffte, eventuell das ein oder andere Gerät reparieren zu können.
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Als der Azubi einen der aussortierten Winkelschleifer näher untersuchte, erhielt er nach Einschalten des Geräts plötzlich einen heftigen Stromschlag. Zum Glück bemerkten dies seine Kollegen und riefen einen Krankenwagen. Der Auszubildende wurde sofort in eine Klinik gebracht. Nach zwei Tagen konnte er das Krankenhaus zum Glück ohne bleibende Gesundheitsschäden wieder verlassen.
Was ist eine Körperdurchströmung?
Bei einer Körperdurchströmung ist der Mensch Teil des geschlossenen Stromkreises. Dies geschieht beispielsweise, wenn du ein defektes Kabel und ein Metallteil berührst. Dein Körper funktioniert dann als „Schalter“, der den Stromkreis schließt. Dabei nimmt der Strom immer den Weg des geringsten Widerstands; typische Wege des Stroms durch den Körper sind Hand-zu-Hand oder Hand-zu-Fuß. Das Herz liegt dabei fast immer im Stromweg.
Eine Körperdurchströmung ist sehr gefährlich. Der elektrische Strom kann schwerwiegende körperliche Schäden hervorrufen. Oft werden bei einer Körperdurchströmung Stromstärken von mehr als 50 mA erreicht. Dabei kommt es sehr wahrscheinlich zum Herzkammerflimmern bis hin zum Herztod.
Was ist hier schiefgelaufen?
Ergebnisse der Unfallanalyse
Bei der Untersuchung des Unfalls stellte sich heraus, dass die Anschlussleitung des Winkelschleifers an einer Stelle durchgescheuert war. Vermutlich war dies auch der Grund, warum das Gerät ursprünglich aussortiert wurde. Der Auszubildende hatte die schadhafte Stelle nicht sofort bemerkt. Beim Einschalten des Winkelschleifers berührte dann die blanke Leitung das Metallgehäuse des Geräts und es kam zum Unfall.
Der Unfall lässt sich auf zwei Fehler zurückführen.
- Der Azubi hätte sich ohne einen klaren Auftrag seines Vorgesetzten nicht an den Elektrogeräten zu schaffen machen dürfen. Er hatte es zwar gut gemeint, dennoch hätte er sich nicht eigenständig an der Reparatur kaputter Elektrogeräte versuchen dürfen. Reparaturen von Elektrogeräten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die dazu qualifiziert und damit beauftragt sind.
- Die Kollegen des Azubis haben insofern richtig gehandelt, dass sie defekte elektrische Betriebsmittel aussortiert haben. Sie hätten diese Geräte aber deutlich als „DEFEKT“ kennzeichnen müssen und bis zur Reparatur oder Entsorgung wegschließen müssen.
Man kann annehmen, dass sich keiner der Beteiligten bewusst war, welche Gefährdungen von defekten Elektrogeräten ausgehen können. Deshalb wurde der betroffene Betrieb vom technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft angewiesen, diesen Vorfall mit allen Mitarbeitern zu besprechen und das Thema bei den Sicherheitsunterweisungen zu berücksichtigen.
So machst du es besser:
Finger weg von Elektrogeräten mit Defekten, Beschädigungen, seltsamen Geräuschen, …!
Bei allen Elektrogeräten und handgeführten Maschinen kann es im Lauf der Zeit – je nach Nutzung und Einsatzbedingungen – zu Defekten, Beschädigungen, Verschleiß usw. kommen. Einige dieser Mängel wie Brüche am Gehäuse oder abgeknickte Zuleitungen sind schnell erkennbar. Andere machen sich erst bemerkbar, wenn das Gerät nicht mehr so funktioniert, wie es soll. In jedem Fall bedeutet dies, dass du mit diesem Gerät nicht mehr weiterarbeiten darfst. Das gilt auch, wenn du mit bloßem Auge keinen Schaden erkennst, ein Elektrogerät aber beim Einsatz verschmort riecht oder plötzlich ungewohnte Geräusche von sich gibt.
Wende dich in einem solchen Fall stets an deinen Vorgesetzten. Ein Fachmann muss entscheiden, ob das Gerät repariert werden kann, ob es gereinigt werden muss, ob beschädigte Teile ausgetauscht werden können usw. Ein solches Gerät darf erst dann wieder benutzt werden, wenn es nach einer Elektroprüfung freigegeben wurde. Solche Prüfungen wirst du später als Elektrofachkraft vielleicht häufig durchführen. Als Auszubildender darfst du jedoch auf keinen Fall irgendwelche Reparaturversuche eigenständig unternehmen.
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