Konflikte am Arbeitsplatz? So reagierst du richtig
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Auch wenn in deiner Ausbildung im Großen und Ganzen alles prima läuft, kann es mal zu einem Konflikt kommen. Das ist beim Zusammenarbeiten von Menschen ganz normal und kann viele Ursachen haben. Du kannst dir deine Kollegen nicht aussuchen und jeder Mensch hat so seine Eigenheiten. Das ist am Arbeitsplatz nicht anders als in der Familie oder unter Nachbarn und man muss nicht aus jedem Disput ein Drama machen. Wenn jedoch Meinungsverschiedenheiten oder Sticheleien am Arbeitsplatz das Betriebsklima belasten und dir deine Arbeit auf Dauer verleiden, dann solltest du diese Situation nicht aussitzen, sondern dich zur Wehr setzen.
Harmloser Scherz oder Mobbing?
In manchen Betrieben ist es üblich, sich mit neuen Auszubildenden kleine Scherze zu erlauben. Da wird der Neue ins Lager geschickt, um einen Drehstromakku zu holen, einen Eimer für die Spannungsabfälle oder Gewichte für die Wasserwaage zu besorgen. Das ist meist nicht böse gemeint. Wer reingefallen ist, lacht am besten mit und die Sache ist erledigt.
Etwas Anderes ist es jedoch, wenn Späße, die vielleicht harmlos begonnen haben, sich im Lauf der Zeit zu fortgesetztem Spott und ständigen Sticheleien entwickeln. Wenn immer der gleiche Kollege veralbert und lächerlich gemacht wird, ist das nicht in Ordnung. Ein solches wiederholtes und andauerndes Schikanieren eines einzelnen „Schwächeren“ durch eine Gruppe gilt als Mobbing. Auch ohne, dass es zu körperlicher Gewalt kommt, kann das anhaltende Demütigen das “Opfer“ so schwer belasten, dass derjenige ernsthaft erkrankt. Gerade bei Menschen vom Typ „harte Schale – weicher Kern“ unterschätzen die Umgebung oft deren Verletzlichkeit.
Spätestens dann solltest du aktiv reagieren
Wenn du selbst von einer solchen Situation betroffen bist, solltest du dir eine klare Grenze setzen. Mache in deiner Umgebung deutlich, dass du Spaß vertragen kannst, dass es aber mit Spott und Hänseleien auch mal ein Ende haben muss. Deine persönliche Grenze ist spätestens dann erreicht, wenn du merkst, dass dich die Situation körperlich belastet. Wenn Du aufgrund von Gehässigkeiten deiner Kollegen schlecht schläfst oder Verdauungsprobleme kriegst, darfst du das nicht länger hinnehmen. Eine solche Situation aussitzen zu wollen, hilft nicht weiter, du musst jetzt reagieren. Niemand ist verpflichtet – auch nicht als Auszubildender – mit Angstgefühlen, Schweißausbrüchen oder innerlichem Zittern zur Arbeit zu kommen.
Der erste Schritt bei dauerhaft ignoranten Kollegen ist, die Vorfälle mit Datum zu notieren. Dann solltest du deinen Vorgesetzten um ein Vier-Augen-Gespräch bitten und deine Situation offen schildern. Dein Ausbilder ist dafür mitverantwortlich, dass du deine Arbeit in einer gesundheitsgerechten Umgebung erledigen kannst. Dazu gehört nicht nur der Schutz vor (körperlichen) Verletzungen, sondern auch deine seelische Gesundheit. Mache deutlich, dass es dir nicht darum, geht, deine Kollegen zu „verpetzen“, sondern dass dir deren „Späße“ zu weit gehen, dich gesundheitlich belasten und dir deine Arbeit verleiden.
Finde eine Vertrauensperson
Weitere Ansprechpartner in belastenden Situationen am Arbeitsplatz sind der Betriebsarzt oder ein Betriebsratsmitglied. Vielleicht findest du unter den Kollegen weitere „Verbündete“, z. B jemand, zu dem du besonderes Vertrauen hast, der sich an den „Späßen“ nicht aktiv beteiligt und dich zum Gespräch mit deinem Chef als „Zeuge“ begleitet.
Das Gesagte gilt selbstverständlich auch bei anderen Konfliktfällen wie z. B. sexueller Belästigung oder wenn dir jemand im Ausbildungsbetrieb mit körperlicher Gewalt droht. Auch wenn in deinem Ausbildungsbetrieb ein rauer Tonfall oder anzügliche Bemerkungen zu Aussehen, Geschlecht, Hautfarbe oder Religion üblich zu sein scheinen, musst du nicht hinnehmen, wenn du beleidigst oder herabgewürdigt wirst. Mache deutlich, wo deine Grenzen liegen und wenn Bemerkungen der Kollegen dich verletzen.
Klärung durch externe Experten
Neben den geschilderten zwischenmenschlichen Schwierigkeiten können sich in der Ausbildung auch Konflikte ergeben, die ganz anders gelagert sind. Wenn du z. B. das Gefühl hast, dass du viel zu viele „niedere“ Arbeiten übernehmen musst, die mit deiner Ausbildung gar nichts zu tun haben, solltest du dies bei deinem Ausbilder ansprechen. Das Gleiche gilt, wenn – entgegen dem Jugendarbeitsschutzgesetz – von dir verlangt wird, Überstunden zu machen. Zeigt dein Ausbilder kein Verständnis für deine Einwände und wird im Betrieb keine Einigung gefunden, kannst du dich an die Innung oder die Handwerkskammer wenden und um ein Gespräch mit einem Ausbildungsberater bitten.
Informiere dich dort über deine Rechte und Pflichten, aber auch über die Rechte und Pflichten deines Arbeitgebers. Ein Fachmann kann in einem Gespräch mit dir klären, ob dein Arbeitgeber oder Ausbilder sich korrekt verhalten, ob deine Tätigkeiten der Ausbildungsordnung entsprechen usw. Es könnte sich auch herausstellen, dass einige deiner Erwartungen an die Ausbildung nicht realistisch sind. Den Ausbildungsplatz oder den Ausbildungsberuf zu wechseln, sollte allerdings die allerletzte Option bleiben, wenn es gar nicht anders geht. Aus einem momentanen Ärger vorschnell frustriert zu kündigen, ist selten eine gute Idee. Wer sich gründlich informiert und mit anderen redet, findet am ehesten zu Lösungen.
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